Mittwoch, 28. Oktober 2009

Kritik (aus reiner Vernunft)

Wenn du kritisiert wirst, dann musst du irgend etwas richtig machen. Denn man greift nur denjenigen an, der den Ball hat.
Ein wie ich finde sehr einprägsames und prägnantes Zitat von Bruce Lee. Der konnte ja ziemlich prägnant werden. Und er hat natürlich auch Recht. Aus reiner Vernunft, verehrte Leserschaft, ist es guter Brauch, dass ein Autor zur Kritik an seinen Werken den Mund hält.

Mit Verrissen kann ich recht gut, mit lobenden Worten noch wesentlich besser leben. Letztlich ist ja auch negative Kritik eine Auszeichnung: Wenn mir jemand Wurst ist, oder ich denke, da ist Hopfen und Malz verloren, werd' ich mich gar nicht erst zur Kritik aufraffen. Kritik ist also eine Form von: Du bist mir wichtig. Da hat sich jemand die Zeit genommen, nicht allein mein Buch zu lesen, sondern er sinniert auch gleich noch darüber und teilt uns seine Gedanken mit. Dabei stelle ich eigentlich nur einen einzigen Anspruch an den Kritiker: Er sollte das Buch eben auch wirklich gelesen haben. Ich spreche jetzt nicht von Rezensenten, die glauben, das Buch verdammen zu müssen (1 Punkte-Rezension bei Amazon: Mindestens zwei objektive Unrichtigkeiten. Na, wer findet sie?)



Nein, ich spreche nicht von solchen sprichwörtlichen Peanuts, verehrte Leserschaft. Wir sehen uns hier gegenwärtig Vorgängen gegenüber, die ich einfach nur als haarsträubend bezeichnen würde, wenn ich denn noch Haare hätte:

Am kommenden Freitag, 30. Oktober, werde ich ab 20 Uhr in der Uelzener Buchhandlung Schimmel aus der Offenbarung lesen. Die Presse hat im Voraus berichtet, u.a. gestern mit der Schlagzeile "War Jesus schwul?" Zugegeben, das ist nicht eben understatement, und es ist zudem - was im Artikel dann auch angesprochen wird - nicht die Kernbotschaft des Romans. Dennoch: Die Fragestellung sollte erlaubt sein. Genau das aber sehen offenbar einige Zeitgenossen anders. Drohungen ("Wenn diese Lesung stattfindet, passiert was."), Verunglimpfungen von Mitarbeitern ("unmoralische Person") und ein gewisser unfreiwilliger Humor ("Wenn Sie das wirklich machen, ruf ich die Kirche an.") - alles, wie ich vermute, auf Grund des Artikels, nicht etwa nach Lektüre des Buches!



Bis gestern war ich im Zweifel, ob die Botschaft der Offenbarung in unserer Zeit eigentlich noch eine echte Brisanz hat. Diese Entwicklung aber hat mich - schmerzhaft - eines Besseren belehrt.

Ich behaupte nicht, Jesus sei schwul gewesen! Das Buch ist ein Roman! Und ein Roman ist ein Roman ist ein Roman (frei nach Sappho; passt irgendwie). Wenn ich aber behaupten wollte, Jesus sei schwul gewesen, dürft ich auch das, verdammich! Tu ich aber nicht!

Wir können dann auch gern kontrovers diskutieren. Das wünsche ich mir sogar. Natürlich wird die Lesung stattfinden. Menschen sind auf dem Scheiterhaufen und im KZ gestorben für die Freiheit des Wortes. Da werden wir doch nicht einknicken um einiger Wirrköpfe Willen, die nicht einmal wissen, worüber sie sich beschweren. Ich persönlich halte die Offenbarung, die natürlich zuerst einmal ein hoffentlich spannender Thriller ist, sogar für ein "gläubiges" Buch. Aber um das zu begreifen, sollte man's gelesen haben. Wer den Autor nicht durch den Kauf indirekt fördern will --> Stadtbücherei.
Und Ihr werdet die Wahrheit erkennen. Und die Wahrheit wird Euch frei machen.
Bis demnächst an dieser Stelle, vielleicht ja unter dem Motto "Wenn opus dei zwei Mal klingelt". Oder auch nicht.

Auf jeden Fall bleibe ich bis dahin Ihr und Euer

Stephan M. Rother

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