Samstag, 11. Oktober 2008

Für alle, die rocken

„School’s out – for summer! School’s out – forever!“, verkündete weiland Alice Cooper, bei dem sich die Marilyn Mansons unserer Welt noch heute manche Scheibe abschneiden könnten – nicht allein schminktechnisch.
Da bleiben wir, verehrte potentielle Leserschaft, ja beinahe im Bild, wenn wir jetzt den erlösenden Satz vernehmen: „Dorian’s out!“
Monatelang habe ich Euch und Ihnen in den Ohren (oder richtiger: den Augen, denn das Schwergewicht dieses Blogs liegt ja doch auf dem geschriebenen Wort) gelegen mit halb fertigen, möglichen, zukünftigen Projekten. Nun endlich gilt es von Lesbarem zu berichten.


Stephan M. Rother:
Das Geheimnis des Dorian Grave – Mehr, als du wissen darfst
Baumhaus Verlag, Frankfurt 2008
400 Seiten, Hardcover, 14,90 €
ISBN 978-3-83393626-5



Dorian Grave, Sänger der Band „Dead Art“ und legendärer Star der Gothic-Rockszene kommt bei einem Autounfall ums Leben – kurz nachdem er sein erstes Soloalbum angekündigt hat. Zufall – oder etwas anderes? Zufall – oder mehr? Mehr, als du wissen darfst: Ein Satz den Leonie Hartheim zu hören bekommt, die sich gemeinsam mit ihren Freunden auf die Spur ihres Idols setzt, ohne zu ahnen, dass sie sich auf ein wahrhaft lebensgefährliches Abenteuer einlässt.

„Das ist dann also ein Jugendbuch?“, wurde ich diese Woche im Interview gefragt. Ich zögerte. Natürlich, im Mittelpunkt stehen Jugendliche, die der Fährte eines Rockstars nachspüren, und der Baumhaus Verlag, der den Roman veröffentlicht, hat sich (etwa mit den ‚Wilden Kerlen’) einen Namen als Kinder- und Jugenbuchverlag gemacht. Doch so einfach ist die Antwort nicht.
Rock’n’Roll ist einmal als eine hermetisch dichte Welt definiert worden. Als eine eigene Sprache, die nur Teenagern verständlich sei, welche sich in ihr zu verständigen wüssten, die kryptischen Zeichen zu deuten wüssten. Erwachsene ständen dieser Welt und dieser Sprache verständnislos gegenüber. Als ich selbst ein Teenager war, orakelte ein Rezensent, die Band Duran Duran setze in ihrer Musik Frequenzen ein, die einzig von vierzehnjährigen Mädchen wahrgenommen werden könnten. Eine Art Hundepfeife also. Der Vorteil für die Musiker auf der Hand gelegen: Ähnlich wie dem Hundepfeifenden wäre auch Simon le Bon und Konsorten (immerhin junge Herren von Mitte zwanzig) erspart geblieben, dem zu lauschen, was sie da gerade hervorbringen.
Nein, die Sache funktioniert anders und hat immer anders funktioniert. Wobei der Grave-Roman zum Begriff des „Funktionierens“ seine ganz eigene Sichtweise bereithält. Jedenfalls sind die Zeiten des „trau keinem über dreißig“, wenn es sie denn einmal gegeben hat, lange vorbei – schon auf Grund des Umstands, dass diejenigen, die diesen Begriff einst geprägt haben, die Dreißig schon seit einer ganzen Weile hinter sich gelassen haben.
Insofern kann ich den Grave-Roman mit gutem Gewissen Teenagern jeden Alters ans Herz legen. Vierzigjährige Teenager werden es mit demselben Gewinn lesen können wie vierzehnjährige Teenager. My twenty-twenty’s true, wie Debbie Harry sang. Ob sich ein Leser vom Geheimnis des Dorian Grave in den Bann schlagen lässt, ist weniger eine Frage des Alters. Es ist eine Frage der Einstellung.
Vielleicht sagt es auch etwas aus, dass Holger Boden, der bewusstes Interview mit mir führte, die vorangegangenen ca. 2.000 Zeichen mit einem Satz auf den Punkt brachte:
„Also ein Buch für alle, die rocken.“

Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen – höchstens noch dies:



Warum ist der Titel instrumental? Wo ist Dorian Grave? Was für eine Frage, verehrte potentielle Leserschaft! Dorian ist t.o.t. – tot.

Aber vielleicht … vielleicht werden uns Dead Art ja überraschen. Mir ist da etwas zu Ohren gekommen … Doch dazu mehr, demnächst, an dieser Stelle.

Keep on rocking,

Stephan M. Rother