Montag, 26. Juli 2010

Wichtig ist, was hinten rauskommt

Ein Diktum des Kanzlers der deutschen Einheit, verehrte Leserschaft, muss diesmal als Titel unseres Blogeintrags herhalten. Vielleicht ist dieser Titel nicht ganz unpassend gewählt; nach wochenlangem Schweigen soll an dieser Stelle von einer Melange von Ereignissen berichtet werden.
(Gerade kommt mir in den Sinn, dass auch beim Sommerrätsel der ZEIT nach einer ‚Melange’ gefragt war … irgendwas mit Baumrinde. Kein Schimmer mehr, was das war. Gelöst haben wir’s natürlich – da geht’s um die Ehre – aber irgendwie sollte die Lösung dann auch noch eingeschickt werden im Tausch gegen ein Wochenende auf einer mittelalterlichen Burg … Vielleicht verständlich, dass ich mir das nicht antun wollte. Das war einfach zu nahe am ehemaligen Berufsfeld.)

Doch zurück zur Titelfrage. Dieses Problem geht ja über knackig-kurze Blogeinträge hinaus. Genauer gesagt stellt es sich bei jeder Buchveröffentlichung, und mit Sicherheit werden auch Musiker und bildende Künstler mit dieser Schwierigkeit konfrontiert. Ich erinnere mich, dass Phil Oakey von The Human League einmal im Interview äußerte, natürlich könne man ein popeliges Instrumentalstück „Italian Disco No. 19“ nennen, aber „John Cleese – Is he funny?“ klänge doch wesentlich interessanter.
Wobei, interessant ohne Ende muss es ja nun auch nicht sein, das Leben. Ich befand mich ja bis vor wenigen Wochen in dem Glauben, an einem harmlosen, ruhigen Ort in der Lüneburger Heide zu leben. Keine erwähnenswerten Gefahren, abgesehen vielleicht von untoten Mönchskreaturen aus dem Nebel. - Aber nicht so! Keine fünfhundert Meter Luftlinie von unserem Domizil verläuft der Elbe-Seiten-Kanal; und was erblicke ich dort bei einem gemütlichen Abendspaziergang? MÖRDERISCHE GEFAHR!



Aber kommen wir zum Anfang zurück. Die Titelfrage also … Auf „Die letzte Offenbarung“ bin ich noch immer ein bisschen stolz – (also auf den Romantitel), der kommt auch von mir. Dass ein anderer Verlag wenige Monate später mit exakt demselben Titel nachzog – was soll ich das kommentieren? Glauben wir an das Gute im Menschen. Glauben wir an eine etwas plumpe Form des Kompliments.
In ihrem neuen Abenteuer werden sich Amadeo Fanelli, Rebecca Steinmann und Professor Ingolf Helmbrecht (und ein an dieser Stelle noch nicht genannter, aber hochkarätiger musikalischer Gaststar) nun mit dem ‚Babylon-Virus’ konfrontiert sehen. Ein, wie ich finde, ziemlich prägnanter Titel.
Die Lektoratsarbeit mit dem niegelnagelneuen Rainer Schöttle liegt inzwischen natürlich hinter uns, und ich behaupte, dass sie beiden Seiten einen Riesenspaß gemacht hat. Im Grunde unerklärlich: An sich wollten wir nur rasch ein paar grundsätzliche Gedanken zum Manuskript erörtern, aber auf einmal fanden wir uns mit der Frage konfrontiert, worin eigentlich der bedeutendere Beitrag Richie Blackmores zur Musikgeschichte besteht: Deep Purple oder Blackmore’s Night. Und, nein: Der Ritschie ist es nicht, unser musikalischer Gaststar. Jedenfalls haben alle diese Anregungen – von Rainer Schöttle, aber auch von Urban Hofstetter oder meinem Agenten Thomas Montasser, nicht zu vergessen die himmlischen Heerscharen der Betaleser – die wahre Essenz aus der babylonischen Geschichte herausgekitzelt. Zweieinhalb Monate noch, dann wird die geneigte Leserschaft die neuen Abenteuer verfolgen können.

Erfreulich und … Nein, der geneigte Leser wird an dieser Stelle nicht das Wort erstaunlich lesen. Jedenfalls hält sich die ‚Letzte Offenbarung’ nun die dritte Woche in den TOP 3 der Online-Bestseller beim Club Bertelsmann. Nun sind wir natürlich auch mit der Reaktion auf die reguläre Buchhandelsausgabe sehr zufrieden, aber das sind dann doch noch einmal etwas andere Dimensionen. Honi soit qui mal y pense, aber könnte es womöglich sein, dass das eher genretypische, düster-dräuende Cover eben doch sehr viel passender ist für diesen Titel? Einiges spricht dann doch dafür. Die Fakten zum Beispiel. Aber gut: Das Babylon-Virus kommt jedenfalls von Anfang an finster rüber.



Apropos finster: Vielfach spricht man mich darauf an, ob es in diesem Jahr keinen dritten Dorian Grave-Band geben wird. Darauf eine konkrete Antwort: Leider nein, nicht in diesem Jahr. Das war schon zeitlich nicht zu schaffen. Doch ich habe mir etwas anderes überlegt: Die Figuren aus dem Waldlingen-Kosmos treiben mich ja schon eine lange Zeit um, beinahe seit meiner eigenen Schulzeit. Ich musste schmunzeln, als ich in einer Amazon-Besprechung sehr schmeichelhafte Worte über die Authenzität der Teenager-Figuren las: Man könne glatt den Eindruck haben, meine eigene Teenagerzeit sei noch gar nicht so lange her. Nun, Vieles in, um und an Waldlingen reicht tatsächlich beinahe in meine Teenagerzeit zurück – allerdings auch auf eine vergleichbare zeitliche Ebene innerhalb des Waldlingen-Kosmos. Will sagen: Die Teenager in den frühen Waldlingen-Stories waren Rainer Hartheim, sein Kumpel Marco van Berg (die Dorian Grave-Bände erwähnen ihn als Tobis Onkel) und Nathalie Krade, die wir in Rückblicken als Leonies verstorbene Mutter kennenlernen.
Nun habe ich überlegt, ob und, wenn ja, in welcher Form man das ganze Konvolut der Leserschaft zugänglich machen sollte. Komplett überarbeiten? Mehr oder minder fragmentarisch belassen, im Stile des Tolkienschen Nachlasses? Wäre irgendwie verfrüht. Noch leb’ ich ja.
Da passte es irgendwie ganz gut, dass vor einigen Wochen eine Anfrage der Kettenleser – www.kettenleser.net – ins Haus schneite, ob ich nicht Lust hätte, einen kleinen Beitrag zum Sommerlesevergnügen (oder ähnlich) zu leisten. Einen Buchtipp oder ein Küchenrezept. Nun beschränken sich meine Rezepterfahrungen in der Regel auf die Kurztexte, welche auf Tütenrückseiten zu finden sind, und was die Buchtipps anbetrifft … ich habe in den letzten Monaten ein gewisses Faible für die Skandinavier entwickelt; vielleicht ergibt sich in vierzehn Tagen auch die Gelegenheit, die Hakan Nesser vs. Henning Mankell-Diskussion mit meiner Zahnärztin fortzusetzen. Wenn sie mich nicht vorher betäubt. Doch das gehört nicht ins geschriebene Wort.
Also habe ich mir kurzerhand eine der frühen Waldlingen-Erzählungen herausgepickt und sanft redigiert. „An der Grenze“ sollte stärker als viele andere dieser Texte für sich allein stehen können – vielleicht hat der eine oder andere Leser ein wenig Freude daran. Ich werde an dieser Stelle informieren, sobald der Text online verfügbar ist.

Ansonsten: Auf der Jugendbuch-Couch , bei Rattus Libri (Seite 10) und bei Booksection gibt es neue, sehr sympathische Besprechungen zum ‚Stein des Raben’ zu lesen.
Demnächst steht weiterhin ein Interview im Literaturkosmos-Blog zu erwarten. Ich kenne die Fragen noch nicht, vermute aber, dass hauptsächlich die Amadeo Fanelli-Abenteuer Gegenstand sein werden. Auch von einer Verlosungsaktion wird gemunkelt, aber hey: WER WEISS, wann das soweit ist! Der kluge Leser geht auf Nummer sicher und erwirbt die Bücher ganz brav ;)



Oh, und vergangene Woche hatten wir wieder einmal die große Hoffnung der quellenforschenden Zunft zu Gast. Deutlich erkennbar sind wir auf dem besten Wege, und ein gewisses Faible für das Element Wasser hat er auch, wenn es auch aktuell noch auf einen kleinen blinkenden Kasten gerichtet ist, auf dem er zwei Klempner hin und her jagt, die „Copa-Panzer“ und „Power-Blumen“ erbeuten sollen. Meiner Frau ist es ja noch gegeben, diese Dinge zu begreifen, aber als ich selbst sieben Jahre alt war … Ich behaupte, meine Eltern hatten noch einen Schwarzweiß-Fernseher. Aber er konnte sämtliche Programme empfangen: ARD, ZDF, NORD III, DDR I – und mit ganz viel Schnee – DDR II. Wobei, Schnee – will sagen: Kokainhydrochlorid – gibt es auch ganz aktuell, den Prolog nämlich meines neuesten Vorhabens, das … Nein. Spontane Entscheidung. Eins nach dem anderen. Drei Monate lang gar nichts und jetzt eine virtuelle Bleiwüste? Das muss nun doch nicht.

Ich denke, dann bleibe dich dann doch lieber bis bald an dieser Stelle Ihr und Euer


Stephan M. Rother